Schüler des Bischöflichen Gymnasium Josephinum arbeiten für ihre südasiatischen Partnerschulen
Ob Gärtnerei, Küche oder Büro – einmal im Jahr haben die Schüler des Bischöflichen Gymnasiums Josephinum in Hildesheim freie Berufswahl. Dann arbeiten sie einen Tag lang für ihre zwei Partnerschulen in Indien. Für drei Jugendliche gibt es in diesem Jahr einen Überraschungsbesuch.
Die indischen Gäste Nandhini (links) und Vater Suresh (rechts) besuchen die Schülerinnen Nathalie Schmidt und Alicia Gudde in einer Gärtnerei in Ottbergen. Foto: Funk
Die Schlechten auf den Kompost, die Guten bleiben im Töpfchen – seit acht Uhr prüfen Nathalie und Alicia Geranien in einer Gärtnerei in Ottbergen. Bei hunderten von roten, violetten und weißen Pflanzen zupfen sie verwelkte Blättchen ab. Und das an einem ganz gewöhnlichen Schultag.
Statt zur Schule zu gehen, arbeiten die knapp 800 Schüler des Bischöflichen Gymnasiums Josephinum bei Privatpersonen oder Firmen. „Mit unserem Lohn unterstützen wir unsere Partnerschulen in Indien", sagt Alicia, während sie ein neues Geranientöpfchen nimmt, dreht, kritisch prüft und ein trockenes Blatt abknipst. Alicia und ihre Mitschüler erarbeiten so jährlich rund 16 000 Euro. Von dem Spendengeld wird ein Wohnheim in Kilachery – das ebenfalls Josephinum heißt – komplett finanziert. „Dazu können wir von dem Geld der Hildesheimer Schüler für ein Jahr die Gehälter von 31 Lehrern und Angestellten der Schule in Neerpair bezahlen", sagt Dr. Johannes Mis¬pagel. Er ist Gründer des Vereins „Aktion Indien" und hat kürzlich für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz erhalten (die KiZ berichtete).
Hilfsaktion für Indien besteht seit über 20 Jahren
Seit Beginn der Spendenaktion 1992 sind mithilfe des Hildesheimer Gymnasiums bislang 200 000 Euro zusammengekommen, rechnet Mispagel vor. Eine beeindruckende Zahl, findet Pfarrer John Suresh. Zusammen mit Nandhini Krishnan, die in Indien die Arbeit von „Aktion Indien" organisiert, ist er nach Hildesheim gereist.
Im Josephinum nimmt sie Lehrerin Eva Tiecke in Empfang. Zusammen mit Schülern der Indien-Arbeitsgemeinschaft besuchen die Gäste den schuleigenen Eine-Welt-Laden. Zwischen den Regalen entdecken sie Taschen, Tonelefanten oder Schmuck, die sie aus Indien nach Deutschland geschickt haben. Dreimal in der Woche zu jeder großen Hofpause verkaufen Tiecke und einige Schüler Produkte aus Indien und anderen Lämdern – eine weitere Einnahmequelle für die Spenden. Den Löwenanteil erarbeiten aber die Schüler selbst.
Wie genau und wie unterschiedlich das aussehen kann, erfahren Pfarrer Suresh und Nandhini Krishnan auf einer kleinen Rundfahrt – erste Station: Ottbergen. Die Gäste sind begeistert von dem kleinen Wallfahrtsort und der riesigen Gärtnerei. „Hier ist es fast so bunt wie bei uns", sagt Nandhini Krishnan zu Nathalie und Alicia.
Weiter geht es zum Siebtklässler Paul nach Borsum. „Ich arbeite heute bei einem Landwirt und reinige die Getreidesilos", erklärt er dem Besuch. Die Größe des Hofes, vor allem aber die riesigen Traktoren und der Mähdrescher beeindrucken Pfarrer Suresh und seine Begleiterin: „Bei uns mähen die meisten Bauern und Arbeiter noch mit einer Sichel." Wie groß die Unterschiede zwischen Deutschland und Indien sind, wird an diesem Tag oft deutlich – besonders auf dem Bauernhof. Suresh und Krishnan kommen aus einer ländlichen Region. Viele Inder arbeiten dort als Tagelöhner. „Auf dem Land verdienen sie für einen Zwölfstundentag um die 90 Cent. In der Stadt können es bis zu drei Euro sein", erklärt der Pfarrer.Beeindruckt vom Engagement der Schüler
Früher war sie selbst hier Schülerin, heute hilft Svenja Jörrens Grundschülern in der Schulkinderbetreuung Harsum. Foto: Funk
„Ich arbeite gern für diese Aktion, weil ich weiß, dass mein verdientes Geld dort viel bewirkt", sagt Svenja. Sie ist die Letzte auf der Besuchsfahrt. In Harsum arbeitet sie mit Grundschülern in der Schulkinderbetreuung, hilft ihnen unter anderem bei den Hausaufgaben. Am Ende des Tages steht für Nandhini Krishnan und Pfarrer Suresh fest: „Wir haben nicht erwartet, dass ihr so viel für uns tut. Das berührt unser Herz und gibt uns Energie für unsere Arbeit in Indien."
Ina Funk