Comenius-Projekt: Im Josephinum arbeiten Schüler und Lehrer aus fünf Ländern zusammen
Hildesheim (jaz). Was kann man tun, damit sich Europäer untereinander näher kommen? Eine Möglichkeit sind gegenseitige Besuche und gemeinsames Arbeiten. Am Josephinum haben Schüler und Lehrer aus fünf Ländern zwei Tage lang versucht, voneinander zu lernen.
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Jana Hinz von der HAZ im Interview mit Cordelia Johnston von der COMENIUS-Partnerschule aus Hobro/Dänemark. |
Am Ende hält sich Cordelia Johnston eine Spielzeug-Pistole an die Schläfe. Ihr Blick ist leer, ihre Augen sind verheult. Doch die 17-jährige Dänin drückt nicht ab. Sie lächelt, nimmt die Pistole herunter und verbeugt sich. Das Publikum soll über das Ende der Geschichte entscheiden. Die übrigen Schüler im Raum klatschen. Denn Cordelia Johnston ist für einige Minuten in die Rolle einer Frau geschlüpft, die an ihren Familienproblemen verzweifelt. Gemeinsam mit Schülern des Josephinums und Jugendlichen aus Italien, Frankreich und der Slowakei spielt die junge Dänin zwei Tage lang Theater. Das Ziel: Die Schüler sollen über typische Familienprobleme sprechen und herausfinden, wie in verschiedenen europäischen Ländern damit umgegangen wird. Sie tun dies im Rahmen des so genannten Comenius-Projektes. Pro Teilnehmer 800 Euro von der EU Zwei Tage lang arbeiten 35 Schüler und 21 Lehrer aus fünf Ländern am Josephinum zusammen, die meiste Zeit sprechen sie Englisch. Während sich Lehrer und Direktoren über Probleme und Schul-Ideen austauschen und ihre Länder vergleichen, spielen die Schüler Theater, drehen einen Film oder basteln an unterschiedlichen Kunstprojekten.
Insgesamt dauert das Comenius-Projekt zwei Jahre, in denen sich die Teilnehmer mehrmals in den verschiedenen Ländern treffen. Finanziert und unterstützt wird das Ganze von der Europäischen Union – pro Teilnehmer gibt es rund 800 Euro. Das Treffen am Josephinum ist nur ein kleiner Teil des zweijährigen Weges. „Es geht darum, dass europäische Schulen zusammenarbeiten, sich näher kommen und voneinander lernen“, erklärt Maria Homeister, die das Projekt am Josephinum leitet. Für jedes Treffen bestimmen die Lehrer ein Thema – diesmal sind es Familienstrukturen. „Es geht zum Beispiel darum, wie berufstätige Mütter in den jeweiligen Ländern vom Staat unterstützt werden“, sagt Homeister. Prinzipiell gelte: In unterschiedlichen Ländern gibt es ähnliche Probleme, daher könne man sich austauschen.
„Comenius ist eine gute Möglichkeit, um andere Menschen kennenzulernen, außerdem liebe ich Theater“, sagt Cordelia Johnston. Als ihre Schule im dänischen Hobro sie fragte, ob sie für zwei Tage mit nach Hildesheim reisen wolle, sei sie sofort begeistert gewesen. „Ich kannte Comenius schon vorher, es ist einfach toll voneinander zu lernen.“
Das findet auch Monica Andersen. Die 17-Jährige kommt ebenfalls aus Dänemark und arbeitet im Kunstraum des Josephinums an Giacometti-Figuren aus Pappmaché. „Ich stelle dar, wie sich zwei geschiedene Eltern um ihr Kind streiten“, erklärt Monica. Neben ihr sitzt Kirstin Kemper und hilft beim Basteln. „Es entstehen richtige Freundschaften“, erzählt die 15-jährige Josephinerin. „Und das Witzige ist: Manche Vorurteile bestätigen sich. Die Italiener sind sehr offen und laut, die Slowaken eher zurückhaltend, die Franzosen rauchen, und die Dänen sind sehr sozial.“